Neu in der Schallplattenstube


Aktuelles:

Die Schallplattenstube im Regio-Fernsehen:


Various Artists - The legendary Studio One Records (Soul Jazz Records, 2011) SFr. 22.00 (2nd Hand)

Wer hat die Reggae-Musik erfunden? Frag drei Musikexpert*Innen und du erhältst vier verschiedene Antworten. Bob Marley? Sicher der Musiker, der mit seiner Ausstrahlung und seiner geschickten Verlangsamung des jamaikanischen Ska/Dancehall-Stils hier bei uns oft als Vater des Reggae genannt wird und diesen Musikstil auch international in die Charts gebracht hat. Viel wichtiger aber für die Entwicklung von Reggae-Musik waren die vielen Aufnahmestudios in Jamaica, vor allem in Kingston. Dorthin sind die angehenden Musiker (Musiker; nicht gegendert, denn ausser der wunderbaren Dawn Penn [«You don’t love me – no, no, no»] sind in den 60er und 70er Jahren kaum Frauen erfolgreich am Start) gepilgert und haben Platten aufgenommen, die dann hoffentlich in den Tanzschuppen und im Radio gespielt wurden und die Interpreten manchmal zu (lokalen) Stars gemacht haben. Einer der ganz grossen Produzenten war Clement «Coxsone» Dodd mit seinem legendären Studio One, der mit einem der allerersten Achtspur-Aufnahmegeräte eine Sensation in Jamaica war. Alle Grossen haben bei Coxsone aufgenommen: Burning Spear, Dillinger, Heptones, Dennis Brown, Toots & The Maytals, Sugar Minott und viele, viele andere und natürlich auch Peter Tosh und Bob Marley. Coxsone Dodd ist vor 20 Jahren, so will es die Legende, bei Aufnahmen in seinem Studio One an einem Herzinfarkt gestorben. Die Musik lebt aber weiter.

Das britische Label Soul Jazz Records* veröffentlicht verdankenswerterweise viele der Helden von damals seit über 30 Jahren auf verschiedenen Samplern. Die vorliegende Platte versammelt klassische Ska-, Rocksteady-, Dub- und Dancehall-Aufnahmen von Anfang der 60er bis 1980. Vertreten sind zum Beispiel The Skatalites, The Heptones, The Maytals, Wailing Souls, Marcia Griffiths (späteres Mitglied bei den I-Threes von Bob Marley) oder der Gitarrist Ernest Ranglin.

Ich gebe zu, dass ich ein grosser Fan von Samplern bin. Ich schätze liebevoll zusammengestellte Aufnahmen von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern. Wer von uns hat nicht früher selbst sogenannte Mix-Tapes auf Kassette fabriziert und viele grossartige «Kunstwerke» erstellt, die wir heute – wenn es uns gelingt, mit dem Kugelschreiber den Bandsalat wieder zu entwirren – mit viel Genuss noch hören. Wir sollten alle wieder mehr Sampler hören und neue Musik, neue Gruppen entdecken. Die vorliegende Doppel-LP ist auf jeden Fall dringend zu empfehlen.

*haben unter anderem auch in den 90ern die ganz wunderbare Reihe London Jazz Classics veröffentlicht, mit vielen damals aktuellen Acid- und Underground Tracks


Various Artists oder "Sampler" - Diverse

Obenstehender Kommentar zum Studio One Sampler hat mich drauf gebracht: Leute, hört mehr Sampler! Einfach etwas ganz Wunderbares - auf einer Platte ganz viele verschiedene Künstlerinnen und Künstler und ganz viele verschiedene Songs zu hören und vor allem: zu entdecken! Also habe ich mal ein paar dieser Zusammenstellungen aus meinen Ladengestellen rausgepickt:

Original Gold Soul (Mercury, 1969) SFr. 10.00 (2nd Hand)

Sil Austin saxophoniert mit viel Handclapping, Joe Medlin croont einen Love Song, Joe Liggins swingt und The Penguins (1956) doo-woppen "Earth Angel" - das Stück wird sehr bekannt durch den Film "Back to the future" (da, wo Marty Fly fast seine Hand verliert…). Alles noch nie gehört? Genau! Also, was zum Entdecken. Dazu gibt's auch Bekannteres, wie Screamin' Jay Hawkins, Clyde McPhatter oder Ruth Brown. Ein wirklich toller Sampler mit lüpfiger Musik aus den 50er und 60er Jahren.

Modern Rockers (Warwick, 1982) SFr. 8.00 (2nd Hand)

Ja, okay, die 80er… Aber da war nicht alles schlecht. Es gab zum Beispiel die Pretenders um die wunderbare und immer noch aktive Chrissie Hynde, es gab Rockpile mit meinen geliebten Dave Edmunds und Nick Lowe, da waren Talking Heads (wer deren Film "Stop making sense" noch nie gesehen hat, ist wirklich wirklich selber schuld), da waren die Squeeze, die Stray Cats oder auch der junge, wildere Joe Jackson und alle sind sie hier versammelt. Cool for cats.

The rough guide to Psychedelic Cumbia (World Music Network, 2015) SFr. 16.00 (2nd Hand)

Cumbia ist eigentlich Tanzmusik aus Kolumbien. Es hat einen stark perkussiven, afrika-orientierten Rhythmus. Wichtig sind neben Drums auch Flöten oder das Akkordeon und vor allem auch der Guiro, eine Ratsche, die mit einem Stab gerieben wird. Der vorliegende Sampler bietet einen guten Einblick in diesen Musikstil. Do lauft immer öppis. Das macht Spass und vertreibt die letzten Winterdepressionen.


Rolling Stones - Hackney Diamonds (Polydor, 2023) SFr. 36.00 (neu)

Als Schallplattenladenbesitzer (… eines der schönsten Wörter in der deutschen Sprache) darf ich viele interessante Fragen meiner Kundinnen und Kunden beantworten. So zum Beispiel: "Ist das wirklich eine Originalaufnahme?" oder "Was ist deine Lieblingsplatte?" oder "Sind Tokyo Sex Destruction wirklich die beste Band der Welt?". Und natürlich versuche ich, alle Fragen so gut wie möglich zu beantworten. Die aktuell wichtigste Frage ist allerdings: "Ist die neue Stones-LP wirklich so gut, wie alle sagen?". Schauen wir mal: Meines Erachtens gehört sie unter die besten 5 Veröffentlichungen der Band ever. Natürlich ist es immer heikel, wenn Platten in den Medien so gehypt werden. Aber hier völlig zu recht. Die Rollsteine haben viele, ganz grosse Musikerinnen und Musiker eingeladen für diese Platte und hier geht es für einmal nicht um Namedropping, sondern alle Eingeladenen tragen substantiell zum Gelingen bei. Elton John spielt quirlig Piano, Paul McCartney darf am Bass nochmals so richtig den Rocker raushängen lassen, Stevie Wonder begleitet auf seiner Rhodes Mick und Lady Gaga (eine der grossartigsten Stimmen überhaupt) beim überragenden "Sweet sounds of heaven". Dazu ist Charlie Watts auf einigen Stücken noch dabei und Bill Wyman. Steve Jordan spielt wie gewohnt ein super Drumset. Das alles passt. Aber jetzt mal wirklich! Also lässt sich die letzte der obengenannten Fragen wie folgt beantworten: "Ja, das ist sie! - eine absolute Hammerscheibe!"

(Die anderen Fragen lassen sich übrigens so beantworten: "Steht meist drauf" - "Ich habe 35'000 Lieblingsplatten" und "Könnte absolut sein")


Culture Club - Colour by numbers (Virgin, 1983) SFr. 8.00 (2nd Hand)

Es gibt so Platten… also ehrlich

Es gibt Platten, die haben wir sogenannten Babyboomer damals wahrscheinlich alle öfters gehört und irgendwann gedacht, dass es jetzt mal längt. Aber dann tauchen die etwa 40 Jahre später wieder auf und man denkt, wow, was für gute Musik. Also mir geht es z.B. so mit der ersten der Dire Straits (Sultans of Swing), der Bat out of hell von Meat Loaf oder Freeze-Frame von der J. Geils Band. Damals immer wieder rauf- und runtergehört und dann viele, viele Monde im Schrank vergammeln lassen. Und heute lege ich die im Titel genannte Scheibe auf. Und wirklich "Wow", Doppel-Wow sogar. Das ist einfach Hammerpopmusik at its best. Klasse produziert und neben den Hitparadenstürmern (Karma Chameleon / Church of the poison mind / Victims / Miracles) zum Beispiel mit "Black Money", wo die damals wohl grossartigste Background-Sängerin Helen Terry (die solo ganz wunderbare Popsongs eingesungen hat, aber leider trotz dieser "schwarzen" Soulstimme viel zu wenig Erfolg hatte) zeigt, was sie kann. Dies tut sie auch bei dem First-Class-Soulhammer "That's the way". Ein Song, den man gleich mehrmals nacheinander hören will. Die beiden Stimmen passen so wunderbar zusammen. Grossartig! Und nachdem das letzte Stück der Platte ("Victims" - übrigens von der Band selbst geschrieben - also nix mit "Boy George kann nur Zöpfchen flechten"), wo der hübsche Boy nochmals alles rauslässt, was er an Seele in der Stimme hat, will man einfach nur die Platte nochmals drehen und neu auflegen. Ganz, ganz cool.

… ich hol' mal die Dire Straits und Meat Loaf aus dem Schrank.


Lo Fat Orchestra - The second word is love (Sounds Of Subterrania, 2012) SFr. 16.00 (2nd Hand)

Ich weiss ja nicht, wie es anderen Vinylliebhabern geht. Bei mir ist es so, dass ich Musik sehr oft stimmungsabhängig höre. Das heisst, es gibt – vielfach an Winterabenden – zum Beispiel eine Bluesstimmung. Da muss Stevie Ray, Marcus King oder die anderen Kings auf den Plattenteller (auch Brad Mehldau passt dann übrigens). Es gibt Zeiten, da höre ich Abba oder andere Zeiten, wo mein Verlangen nach Beatmusik aus den 60ern oder nach Progrock aus den 70ern gross ist, und dann wechsle ich auch mal zu RATM oder Jello Biafra. Aktuell bin ich sehr oft in «Lo Fat Orchestra-Stimmung». Die Band war mir vor meiner Schallplattenstuben-Zeit kaum bekannt, jetzt laufen die Platten der Schweizer Indie-Postpunk-Band rauf und runter. Ich kann kaum genug bekommen von der quirligen, pumpenden Musik des Schaffhauser Trios. Das ist einfach supergut gemacht: Kaum Gitarre, viel Orgel, viel Bass und Schlagzeug. Garagenmusik mit punkiger Attitüde (auch Lennons Imagine wird entsprechend performt). Grossartige Songs mit Ohrwurm-Charakter. Es ist definitiv Lo Fat Orchestra-Zeit!


Mick Ronson / V.A. - Beside Bowie, The Mick Ronson Story (Universal, 2018) SFr. 24.00 (neu)

Beside Bowie, also etwa "Abseits oder ausserhalb David Bowie", so der passende Titel dieser famosen Doppel-LP. Ronson, von dem man sicherlich behaupten kann, das er einen sehr grossen Anteil an Bowies Karriere hatte, hat tatsächlich neben der fantastischen und überaus stimmigen Gitarren- und Produzentenarbeit für den Meister noch weit mehr geleistet. Er war solo und mit Bob Dylan unterwegs, spielte für die grossartigen Mott The Hoople und unterstützte anschliessend die Band von Mott-Chef Ian Hunter (Meisterwerk: Welcome to the club). Viele der Arbeiten des leider viel zu früh verstorbenen Ronson sind auf dieser Doppel-LP verewigt. Dazu Kooperationen mit Queen, Michael Chapman oder Elton John.

Es gibt so ein paar Platten, die man einfach in der eigenen Sammlung stehen haben muss. Einfach, weil sie Musikhistorie transportieren. Das hier ist definitiv eine davon!


The The - Infected (Epic, 1986) SFr. 14.00 (2nd Hand)

Matt Johnson, der Kopf der Band hat seine The The eher als losen Bund von von Musikerinnen und Musikern gesehen. Immer wieder sind Leute gekommen und wieder gegangen. Das hat die Platten sehr unterschiedlich klingen lassen. The The gehen wohl als "New Wave" durch, sind aber weit mehr als das. Sie sind politisch, witzig, nachdenklich und vieles mehr. Die Musik auf dieser Platte ist höchst abwechslungsreich. Sie beginnt mit einem knalligen schlagzeugzentrierten klassischen Wave-Stück, wechselt zu manchmal ruhigen, meist aber Mid-Tempo Nummern. Die Stimme von Matt J. ist sicher nicht im klassischen Sinne super, passt aber genau zu den Tracks. Und er holt sich eben stimmige Backvocals oder Duettpartnerinnen, wie etwa Neneh Cherry oder Tessa Niles. The The, eine, in höchstem Masse unterschätzte Band, haben mich durch die 80er begleitet und sie unterhalten mich auch heute noch wunderbar.


Muddy Waters and The Rolling Stones - Live Chicago 1981, Checkerboard Lounge (Mercury, 2022) SFr. 38.00 (neu)

In den letzten Jahren besinnen sich die alten Herren - nicht zuletzt sichtbar in der wunderbaren Platte "Blue & Lonesome" von 2016 - wieder zurück auf ihre Wurzeln. Auf den Blues. Dem urchigen, rauen Blues, bzw. Bluesrock aus ihren Anfangsjahren. Jagger und Richards' Helden waren damals die schwarzen Bluesmusiker aus dem Delta. Muddy Waters ist der Namensgeber der Band. Und diesen Muddy Waters wollten sie sich mal aus der Nähe ansehen. Gelegenheit bot die US-Tour von 1981. Die Stones lagen in Chicago vor Anker und Muddy und Band spielten in der angesagten Checkerboard Lounge. Also nix wie hin und staunen. Muddy ist nett und holt Jagger auf die Bühne und nodisno rollen die restlichen Steine auf die Bühne und bluesen und rocken, das es nur so eine Freude ist. Dazu spielen Buddy Guy und Junior Wells. Ein Hammer-Blues-Abend! Und glücklicherweise hat irgendjemand den Aufnahmeknopf gedrückt. Und zack! - kann man die Platte in der schallplattenstube hören und kaufen und zwar in der neu überarbeiteten Version von 2022.


Resurrection Band – Awaiting your reply (Star Song, 1978) SFr. 8.00

Leute, es ist an der Zeit, die «kleinen» Bands zu ehren. Die Bands, die nicht Millionen von Platten verkauft haben, Bands, die etwas im Verborgenen rocken, Bands, die kaum jemand kennt, die aber einfach gute Musik machen. Und da gibt es viele davon.

Das Tolle an einem eigenen Schallplattenladen ist, dass man Tausende Platten vor sich hat, aus denen man sich bedienen kann. Da kann man irgendeine Platte nehmen, die man noch nie gesehen hat, auflegen und manchmal Poah!, ist es geniale Musik. Und stellvertretend für dieses Szenario stelle ich eine, mir bisher unbekannte Band vor: Die Resurrection Band. Ja, natürlich, Resurrection Auferstehung, ist es eine christlich orientierte Band. Aber hier geht es nur um die Musik. Das ist Stoff, wie man sich das als Rockfan vorstellt. Da möchte man einen rhythmischen Drumeinstieg – kommt. Und dann soll der Bass dazu wummern – kommt. Und dann vielleicht eine jaulende Gitarre – natürlich kommt auch die. Die Stimme sollte etwas heiser und röhrig daherkommen – kommt. Und dann wäre eine Frauenstimme im Chor noch geil und ein Saxofon an den richtigen Stellen – und wen wundert’s, natürlich wird auch das geboten. Das ist einfach tolle Musik. Nicht im Sinne von «alles schon x-mal gehört», sondern im Sinne «genauso muss das sein». Kleine Band – ganz gross.



Ghalia Volt - Mississippi blend (Ruf, 2022) SFr. 32.00 (neu)

Just take those old records off the shelf / I'll sit and listen to 'em by myself
Today's music ain't got the same soul / I like that old time rock and roll

Exakt, Bob! Und hier ist eine, die kann Old School Rock. Und zwar vom Feinsten. Ghalia Volt, gebürtige Belgierin und Ex-Frontfrau der "Mama's Boys" von Schnuuregygeler Johnny Mastro hat die Power, die Lust am Gitarren jubeln lassen. Die Platte klingt einfach Hammer. Eine deftige Mixtur aus Swamp, Rock'n'Roll und Blues. Kein Stück ähnelt dem anderen und immer volle Pulle. Ganz so wie früher. Ghalia Volt ist aktuell mit dem Blues Caravan unterwegs. Wenn immer möglich: Vorbeigehen und staunen.


Pure Reason Revolution - Above cirrus (Inside out music / Sony) SFr. 28.00 (neu)

Wer Zeit hat, um Musik zu hören, der sollte diese wertvolle Zeit unbedingt mit dieser genialen Platte nutzen. Progrock mit Ambienteinflüssen vom Allerallerfeinsten. Lange Tracks, wo sich knackige Gitarren mit wunderbaren Synthie-Pop-Elementen ablösen. Dazu kommt, dass die drei Stimmen schön zueinander passen. Wer Porcupine Tree mag, wird diese Platte lieben. Die Keyboarderin/Bassistin Chloe Alper kommt ursprünglich aus der Riot grrrl punk-Bewegung (bekannt wurde sie unter anderem mit einem Anti-Spice-Girls-Song) - für Stimmung ist also gesorgt. Diese Platte ist einfach nur Hammer! Und wer durch diese Lobeshymne noch nicht überzeugt wurde, schaue sich zum Beispiel das offizielle Video zu "Dead butterfly" auf youtube an. Und dann einfach aufs Velo und ab in die schallplattenstube!


Colosseum - The reunion concerts 1994 (Repertoire, 2022) SFr. 54.00 (neu)

Der Schreibende war einer der ganz Glücklichen, der am 28.11.1997 eines der grossartigsten Konzerte ever im Z7 erleben durfte: Colosseum, in ihrer Glanzbesetzung! Mit den leider verstorbenen Jon Hiseman (dr) und Dick Heckstall-Smith (alle möglichen Blasinstrumente). Sie hatten gerade "Bread and circuses" herausgebracht (ein total verkanntes Meisterwerk) und tourten mit neuen und alten Songs durch Europa. Und was für ein Abend im hoffentlich noch ewig stehenden Z7! Um das mal mit Ian Gillan zu sagen: "No matter what we get out of this - I know, I know I will never forget". Live war die Truppe nicht zu schlagen. Jazzrock vom Allerfeinsten mit genialen Musikern. Und live sind auch die Aufnahmen auf der Triple-LP vom Rockpalast 1994, die jetzt endlich auf Vinyl erschienen sind. Ein unglaubliches Hörerlebnis. Die Bänder wurden von Eroc, einem grossen Meister überarbeitet (übrigens war Eroc Mitglied der Band "Grobschnitt" - auch eine, vor allem hier in der Schweiz, sehr unterschätze Gruppe). Die Band ist aktuell übrigens wieder unterwegs. Hingehen, hinhören!


Black Sea Dahu - I am my mother (Mouthwatering, 2022) SFr. 28.00 (neu)

Jane Cathrein und ihre Geschwister bringen es fertig, nach ihrem fantastischen Banddebut, die Musik weiterzuentwickeln und trotzdem als DIE Schweizer Top-Indie-Folk-Band gut wiedererkennbar zu bleiben. "Geheimnisvoll", "sphärisch", "filigran" und "heiter" sind die Adjektive, welche die zu Recht begeisterte Medienlandschaft immer wieder verwendet, um die einfach wunderbare Musik und die schönen Geschichten zu beschreiben.


Red Hot Chili Peppers - Unlimited Love (Warner, 2022) SFr. 32.00 (neu)

John Frusciante is back! Es war das Warten wert. Die Peppers klingen einfach besser mit dem - hoffentlich - wieder gesunden Gitarristen. Rick Rubin, einer der ganz Grossen, produzierte die wieder in Topform aufspielenden Crossover-Spezialisten. Aber so crossover ist das gar nicht, es ist schon fast "beatlesk" (schreibt Warner). Es ist einfach wieder ein geiles Album, mit grossartigen Riffs, opulentem Sound und vielen, vielen guten Ideen. Schön, dass es noch solche Rockbands gibt.


The Awakening - Hear, sense and feel (Black Jazz, 1972, RI 2020) SFr. 34.00 (neu)

In der Jazz-Szene der „black community“ Nordamerikas oder präziser gesagt von Chicago Ende der 60er und zu Beginn der 70er Jahre scheinen zwei wichtige Institutionen überaus relevant. Auf der einen Seite die AACM (Association for the advancement of creative musicians), die (Free-) Jazz-Musiker betreute, ihnen Auftrittsmöglichkeiten verschaffte und deren Absicht es war, den Menschen Spiritualität näherzubringen, auch mit Hilfe von modaler, unkonventioneller Musik. Auf der anderen Seite steht das vom Pianisten Gene Russell gegründete Label „Black Jazz Records“. In der Band “The Awakening” – was übrigens ein stimmig-programmatischer Bandname war - finden die beiden zusammen. Russell kennt den Jazz- und Soul-Pianisten* Ken Chaney, der in der beschriebenen Szene eine Band zusammenstellt, die als erste und einzige Band bei Russell unterschreibt. Die vorliegende, 1972 erschienene Platte der Band wird zunächst kein Erfolg. Der spirituelle Free-Jazz in der Art von Coltrane, Sanders oder Lateef findet nur wenig Anhänger. Auch der zweiten LP geht es ein Jahr später ähnlich. Das Jahrzehnte später erwachende Interesse an dieser Art von Musik, an Black Empowerment und an der Geschichte des nur wenige Jahre bestehenden Black Jazz Labels, das hervorragend produzierte Platten herausbrachte, führte dazu, dass diese heute zum Teil für mehrere hundert Franken gehandelt werden. Zum Glück wird diese grossartige Musik in Form von bezahlbaren Reissues wiederveröffentlicht. Und ist selbstverständlich in der schallplattenstube erhältlich.

*schöne Zeiten, als man noch nicht alles in eine Schublade pressen musste


Ed Sheeran - No. 6 collaborations project (Atlantic, 2019) SFr. 32.00 (neu)

Ganz ehrlich, ich geb's zu: Ed Sheeran war bisher nicht so mein Ding. Ich habe a) grundsätzlich Mühe mit Lemminger-Musik und b) war Ed für mich der Typ härziger Strassenkünstler mit Brille und Gitarre, der von cleveren Machern bis in die Stadien gepusht wurde. Aber - und zwar ein ganz grosses Aber - der macht einfach auch supergute Musik. Viele seiner Platten stehen inzwischen in meiner privaten Sammlung und die vorliegende selbstverständlich auch in der schallplattenstube. Hier macht er gemeinsame Sache mit den Grossen aus Rap, Pop oder R'n'B. Einfach mal in die Songs mit Young Thug, Khalid oder 50cent reinhören und staunen. Das ist ganz grosses Kino. Spannend, cool und tanzbar. Ja, sogar Justin Bieber ist mit Ed zusammen mehr als geniessbar. Geniale Kollaborationen mit Ed Sheeran, bei dem ich mich entschuldigen möchte für meine Vorurteile. Gut gemacht, Ed.


Paul Kossoff - Koss (Castle Communications, 1987) SFr. 16.00 (2nd Hand)

Vielleicht der wunderbarste Bluesrock-Gitarrist der Geschichte! Man höre sich die Live-Version von "Mr. Big" an und jedwelche Zweifel daran verfliegen. Koss gründet Ende der 60er noch nicht 20jährig die legendäre Bluesformation Black Cat Bones, deren einzige LP ("Barbed Wire Sandwich") im Original heute kaum mehr zu bezahlen ist. Mit seinem Schlagzeuger Simon Kirke gründet er die Bluesrockformation Free. Das Zusammenspiel der Musiker und die unschlagbare Rockstimme von Paul Rodgers haben grossen Erfolg. Ihr grösster Hit "All right now" landet in fast allen europäischen Ländern in den Top Ten. Anschliessend geht Kossoff Solo-Pfade, gründet später die Band Back Street Crawler, die noch zwei sehr ansehnliche Alben rausbringt und beisst dann 25jährig ins Drogen-Gras. Kurz gelebt, viel gemacht. Und die grossartigsten Bluesrock-Solos ever hinterlassen. Auf dieser Doppel-LP sind sie alle drauf.


Mickey Jupp - Juppanese (Teldec, 1978) SFr. 14.00 (2nd Hand)

Jupp ist einer der Künstler aus der langen Warum-Zum-Teufel-Sind-Das-Keine-Weltstars-Liste. Die erste Band, Legend, hat unter ExpertInnen immerhin Kult-Status. Nach dem extrem coolen Auftritt im Rockpalast 1979 (s. youtube) hätte der Multiinstrumentalist eigentlich durchstarten müssen. Aber obwohl Stiff-Records (die übrigens fast nur grossartige Musik produziert haben) sich viel Mühe gab, blieb Jupp stets knapp unter dem Radar der Masse. Jupp spielt Poprock, der unter dem Begriff Pubrock bekannt wurde. Kumpel Dave Edmunds hat ihn auf verschiedenen Produktionen unterstützt und auch produziert. Seine Produzenten sind übrigens gleichbedeutend mit dem Whoiswho der Szene (Gary Brooker von Procol Harum, Nick Lowe, Godley & Creme von 10cc, Mike Vernon, Bernie Frost & Francis Rossi von Status Quo, etc.). Die vorliegende LP ist die erste seiner vielen Soloplatten. Ruhige und schnelle, poppige und rockige Sachen. Einfach nur grossartig.


Dumpstaphunk - Where do we go from here (The Funk Garage, 2021) SFr. 26.00 (neu)

Aktuell extrem angesagt, sind sie - die Funkband aus New Orleans. Das ist nicht immer auch ein Qualitätsmerkmal. Hier aber sowas von zu recht. Ich komme aus dem Staunen und Tanzen nicht mehr raus. Ivan Neville, Sohn von Aaron, erfolgreicher Solokünstler und auch bei Neville Brothers Produktionen beteiligt, haut mit seiner Band mal so richtig einen raus! Wer die Meters geliebt hat (wer nicht?) und die Neville Brothers, der wird hier so richtig auf seine Kosten kommen. New Orleans Powerfunkfusion at its best. Unbedingte Kaufempfehlung!


The Boys from Nairobi - Benga & Rumba from 1980's Kenya (No Wahala Sounds, 2021)

SFr. 34.00 (Neu)

Zum ersten Mal ausserhalb Kenias veröffentlichte Musik von verschiedenen "Boy-Bands" (das genderignorierende Auftreten scheint ein wichtiges, zentrales Element der Benga-Musiker zu sein). Rhythmisches, kubaorientiertes Songwriting, das vorher nur auf verschiedenen Singles in Kenia veröffentlicht wurde. Absoluter Hammer!


Arrested Development - Don't fight your demons (Mosta, 2020) SFr. 36.00 (Neu)

Ein grossartiges Album. Fast so gut wie ihr Debut vor fast 30 Jahren. AD sind die Guten des HipHop. Keine Gangsta. Auf "Backdown" wird denen mal kurz erklärt, was Sache ist. Speech, das Zentrum der Band, ist ein Musiker, der sich Gedanken macht, der nicht verurteilt, sondern aufmerksam macht auf den alltäglichen Rassismus. Auf dieser Platte tut er dies mithilfe des jungen Anthony, dessen Geschichte er erzählt. Grosse Musik, grosse Texte, grosse Band. Ein bisschen Pop ist auch dabei, aber insgesamt ein Hammer-Rapalbum. AD sind zurück und zwar richtig!


Abba - The voyage (Polar, 2021) SFr. 30.00 (Neu)

Ist das ein Meilenstein-Album? Nee, ist es nicht. Mit viel Pomp und Aufwand angekündigt, ist das neue Abba-Werk aber ein gutes bis sehr gutes Album. Ein paar Songs haben Hitpotential (I still have faith in you, I can be that woman) und/oder tönen fast wie früher (No doubt about it, When you danced with me). Natürlich können Benny und Björn immer noch schöne Melodien aus dem Ärmel schütteln und zwar ohne, dass es zu stark nach Musical tönt und die beiden Damen klingen eigentlich wie früher. Insgesamt also reiht sich die Platte locker und stimmig in die Veröffentlichungsreihe ein. Als wäre nie was gewesen, als wären sie nie weg gewesen.


Krokus - same (Feen-Cover) (Schnoutz, 1975) Preis auf Anfrage

Die erste LP der Krokusse. Thomi Kiefer an der Leadgitarre, Chris von Rohr am Schlagzeug, das Cover von Polo "National" Hofer kreiert. Sowas wie der heilige Gral der Rock-Digger. Die Musik hat noch nicht viel mit den späteren Storace-Welterfolgs-Hardrockern zu tun. Bisschen Prog, bisschen Folk, bisschen Rock. Zum Teil grossartige Soli von Thomi Kiefer und ein ordentliches Schlagzeug-Solo (und ein schönes Klavier-Outro spielt er auch noch, der Chris). Ultrarar. Und selbstverständlich - wie alles, was man sich wünscht - in der schallplattenstube zu haben.


Bill Evans Trio - Waltz for Debby (Groove Replica, 2020) SFr. 24.00 (Neu, Reissue, inkl. CD)

Wahrscheinlich eine der grossartigsten Klaviertrio-Platten ever! Bill Evans spielt in der letzten Session mit Scott LaFaro (der Bassist starb kurz darauf 25jährig bei einem Autounfall) eher ruhige Sachen. In der vorherigen Session im Village Vanguard waren seine Mitspieler LaFaro und der Schlagzeuger Paul Motian mehr im Vordergrund. Waltz for Debby - das Titelstück ist seiner Nichte gewidmet - ist ein hoch emotionales, ja romantisches Jazz-Album, auch wenn es zwischendurch etwas perkussiver wird ("Milestones"). Ein legendäres Trio - ein legendäres Werk!

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